Newsletter: #43 KI und die Macht der Sprache
Wie Sprache uns beeinflusst und was KI damit zu tun hat
Hi! schön, dass du wieder da bist :)
In diesem Newsletter geht es darum, wie Sprache uns beeinflusst und was KI damit zu tun hat.
Auf welche Arten kann Sprache Einfluss auf uns nehmen?
Was passiert mit der Sprache, wenn wir KI verwenden?
Reale Beispiele von Manipulationstechniken vom Red-Pill-Movement bis zu Love-Scams.
Sätze wie „Erkläre es mir, als wäre ich ein Kind“ sind inzwischen in unser Standardvokabular aufgenommen worden. KI beeinflusst unseren Sprachgebrauch sowohl schriftlich als auch mündlich. Aber ist das schlimm?
Wer kennt es noch: Man hört einen Song und fragt sich, was die Lyrics wohl bedeuten könnten. Die Möglichkeiten der Interpretation sind unendlich. Ein Beispiel ist das Lied „Basket Case“:
Ein User im Forum sagt dazu: „Greenday sang: ‘I went to a whore, HE said my life’s a bore. So quit my whining cause it’s bringing HER down’: In the 90s, I was confused. These days, it makes sense.”
Wenn sich die Sprache immer mehr angleicht, fallen solche Interpretationsfragen weg. Schade, oder praktisch?
Das erste Mal in der Geschichte gleicht sich der Mensch der Maschine an
Nun bemerken Forscher, dass sich zum ersten Mal nicht die Maschine dem Menschen angleicht, sondern umgekehrt. Wir übernehmen Ausdrucksweisen von der KI. Es gibt beispielsweise Wortlisten, die besonders häufig von ChatGPT verwendete Ausdrücke auflisten:
delve (sich vertiefen oder gründlich einsteigen)
realm (Bereich oder Themenfeld)
meticulous (akribisch, sorgfältig, akkurat)
Im Deutschen nutzt ChatGPT besonders häufig:
betonen
tiefgreifend
bahnbrechend
revolutionieren
spiegeln
„Nutzen wir bald nur noch solche bahnbrechenden Wörter, die den tiefgreifenden Einfluss betonen, den die KI in uns spiegelt und alles damit revolutioniert?” Oder so ähnlich.
Die Effekte von KI auf unsere Sprache und Denken
Wenn ich über etwas schreibe, dann verarbeite ich es auf einer tieferen Ebene. Wenn wir Dinge nicht selbst schreiben, kann uns das daran hindern, uns mit dem Text auseinanderzusetzen. Es gab dazu Studien vom MIT, bei denen die Teilnehmenden Texte mit KI schrieben und schon kurz danach vergessen hatten, was darin stand.
Weitere Effekte von Sprache auf uns, die im Blog diskutiert werden sind:
Unsere Sprache beeinflusst unser Denken: Deutschsprachige interpretierten die Szenen auf den Bildern eher zielgerichtet, während sich Englischsprachige auf die Handlung konzentrierten.
Reflexion: Beim schriftlichen Festhalten von Gedanken und Gefühlen werden diese greifbar und sichtbar.
Zauberwörter im Marketing am Beispiel des Wortes „natürlich” und Wimpernverlängerungen. Diese sind ja eigentlich per se künstlich. Die Anbieter betonen aber den Ausdruck „natürliche Wimpernverlängerungen“.
Framing und sprachlicher Rahmen am Beispiel Red-Pill-Bewegung: Das Bild wird von der „roten Pille“ aus dem Film „Matrix“ abgeleitet. Dieses steht für das „Erwachen zur Realität“. Ein sprachliches Instrument sind dabei Labels und eine eigene Sprache. „Alpha-Mann“ oder „Chad“ bezeichnen in diesen Kreisen den erfolgreichsten Mann, während „Beta“ abwertend verwendet wird:
Die Sprache der „Male Archetypes” dient dabei nicht nur der Bildung von Communities, sondern wird auch gezielt zur Emotionalisierung und Manipulation eingesetzt. Durch das Reframing etablierter Begriffe wie „Erweckung“, „Wahrheit“, oder „Marktwert“ entstehen neue Narrative.
Sprache und Stereotypen-Gefahr: Schülerinnen wurden vor einem Mathetest gesagt, dass Frauen generell schlechter in Mathematik seien. Diese Suggestion erzeugte bei den Betroffenen Leistungsangst, sodass sie im Test tatsächlich schlechter abschnitten.
Hypnotische Rhetorik, Wiederholung und sprachliche Manipulation bei Love Scams: Durch die ständige Wiederholung der Liebesbekundungen wird der Romance-Scam-Effekt verstärkt und die Opfer bauen ihre Vorbehalte schnell ab.
Wahrheitsillusion: Wiederholung als Mittel der Desinformation und Propaganda
Positives Framing in Gesprächen: Der Podcast von Jefferson Fisher zeigte mir auf wirklich praktisch umsetzbare Weise, welchen Einfluss kleine Wörtchen haben können. Ein Beispiel von vielen: Er empfiehlt z.B., das Wort „aber“ durch „und“ zu ersetzen. Denn wenn wir sagen: „Das finde ich auch, ABER …“, dann diskreditieren wir alles, was vor dem „Aber“ kam.
Sprache und Kreativität: Wenn alle Lieder gleich formuliert sind, wo bleibt dann der Interpretationsspielraum und die Individualität? Glücklicherweise sind wir noch nicht so weit, denn es gibt immer noch beeindruckend kreative Künstler wie „Rilès“:
Der Künstler orientiert sich an verschiedenen Genres von Rap über Gesang und verwendet unterschiedliche Sprachen.
Dystopie? Navi an, Kopf aus – KI an, Kopf aus?
Sprache gleicht sich an und je weniger wir selber schreiben, desto weniger tief setzen wir uns mit Dingen auseinander. Viele Lehrer sind verzweifelt. Ihre Studierenden nutzen ChatGPT für alles und jeden noch so kleinen Text. Eine amerikanische Lehrerin sieht, dass Studierende das tun, damit sie nicht mehr selbst denken müssen.
Was, wenn wir mit den Tools, die wir haben, gar nicht mehr zu denken brauchen? Benötigen wir Intelligenz überhaupt noch?
Das Problem ist, dass wir dadurch „unmündig“ werden und allem und jedem ausgeliefert sind. Wir haben keine Möglichkeit zu prüfen, ob die Ergebnisse eines KI-Tools wahr sind. Wir folgen also einfach dem GPS, auch wenn es uns irgendwo in einen Fluss führt.

Zudem wären wir viel weniger gewappnet gegen Manipulation und das Wissen der Experten würde wegfallen.
Na ja, einige werden sich dem sicher noch erfolgreich widersetzen. Oder? Was denkt ihr?
Bis bald!
Jill
P.s. Japp das war ich - ihr so?
👀 Watch:
Lehrerin ist verzweifelt, weil ihre Schüler:innen für alles ChatGPT nutzen
👂Listen:
The Jefferson Fisher Podcast zur effektiven Kommunikation: https://www.jeffersonfisher.com/podcast
📕 Read:
Manipulationstechniken • Die 7 häufigsten Techniken: https://studyflix.de/jobs/karriere-tipps/manipulationstechniken-6895
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